Es ist Zeit, euch wieder mal ein Lebenszeichen von mir zu senden und euch zu berichten, wie es mir geht. Vor genau einem Jahr hörten wir den Begriff «Multiples Myelom» zum ersten Mal. Ich erinnere mich noch genau, wie und wo das geschah …
Liebe Familie und liebe Freunde,
dass ihr länger nichts mehr von mir auf diesem Weg gehört habt, bedeutet: Es geht mir relativ gut (aber immer mit einigen leichten Nebenwirkungen, die manchmal mehr oder weniger unangenehm sind), und es geschah (fast 😉) nichts Besonderes; dabei waren wir gut ausgelastet. Dankbar sind wir für die beiden Wochen «Auszeit» im März. Allerdings gab es in den letzten Wochen sehr viele Untersuchungs- und Arzttermine, vor allem bei Dietlind. Manche davon waren geplant, andere ungeplant, genauso wie die Covid-19 Infektion Anfang März, die uns beide doch noch getroffen hat. Der Anfang war dramatisch, darum erzähle ich es euch:
Am Dienstag, 1. März, begann für mich die sogenannte Erhaltungstherapie, d.h. ich bekam an Morgen die Chemo-Spritze und zum ersten Mal die Infusion für den Knochenaufbau. Der Onkologe sagte, dass ich von der Infusion möglicherweise nach einigen Stunden grippe-ähnliche Symptome wie Schüttelfrost und Gliederschmerzen bekommen könnte. Und – ich hatte am Abend Gliederschmerzen und Schüttelfrost. Am Mittwochmorgen war es etwas besser, darum sagte ich eine Besprechung, die am Nachmittag geplant war, nicht ab. Aber nach dieser Besprechung ging es mir wieder schlechter, und abends zeigte das Fieberthermometer über 38,6° C, so dass ich den Onkologen anrufen musste (ab 38,3° C muss ich mich melden, da immer das Risiko einer gefährlichen Infektion besteht). Er sagte, wir sollten sofort in die Notaufnahme kommen und meldete mich dort an. Bis dahin war das Fieber auf 39,6° C gestiegen, und sie gaben mir Infusionen und Wadenwickel, um so das Fieber zu senken, und untersuchten mich und nahmen die Blutwerte ab. Ich wurde im Brustraum geröntgt, und so verging die Zeit. Nach ungefähr 2 Stunden kamen sie mit einem Covid-19 Test – vorher dachten wir nicht an Corona und sie wohl auch nicht. 5 Sekunden, nachdem der Tropfen auf das Teströhrchen gefallen war, rief die Pflegekraft nur: «Ohhh!» – Ich war tatsächlich positiv! Kurz vor Mitternacht waren wir aber wieder zuhause, nachdem das Fieber etwas gesunken war.
Am nächsten Morgen war das Fieber weg, dafür begann eine starke Erkältung. Und der Onkologe rief wieder an, ich müsse unbedingt nochmal kommen, um ein spezielles Anti-Covid-19 Medikament zu bekommen, was sie für Patienten wie mich mit einem stark geschwächten Immunsystem bereithielten. So brachte ich nochmals Stunden im Krankenhaus zu, bis diese Infusion und die Beobachtungsphase danach abgeschlossen war.
Die nächsten Tage hatte ich einen starken Schnupfen, tränende Augen und einen «dicken» Kopf, und Dietlind machte zeitversetzt dasselbe durch – sogar etwas heftiger als ich, dafür ohne Fieber. Danach war es ohne weitere Folgen ausgestanden, wofür wir natürlich sehr dankbar sind (nach dem dramatischen Beginn).
Gestern erlebten wir einen wunderschönen Nachmittag mit unserem Sohn Felix, unserer Schwiegertochter Debi und den drei Enkeln auf der Insel Reichenau am Bodensee (siehe Bild). Es tat so gut, Gottes wunderbare Schöpfung zu bestaunen, in der jeder seine Macht und seine Weisheit sehen kann. Umso mehr dürfen wir als seine Kinder (durch den Glauben an Jesus Christus) auf ihn als unseren großen Gott vertrauen, der unser Leben in seiner Hand hält und sich um uns kümmert.
Vor einem Jahr …
Anfang April 2021 – am Karfreitag – begannen bei mir plötzlich Rückenbeschwerden, die mich an einen Hexenschuss denken ließen. Nach fast zwei Wochen mit Schmerzmitteln und Blutuntersuchungen durch die Hausärztin fragte ich bei einem befreundeten Radiologen in Winterthur an, ob er mir helfen könne. Rechts – blau unterlegt – ist die Textnachricht, die ich ihm am Morgen des 14. April schickte (es war ein Mittwoch).
Die Antwort kam schnell – rechts, grau unterlegt.
Und so lag ich am selben Abend in der Röhre. Als der Radiologe die ersten Bilder anschaute, sagte er nur zu Dietlind, dass es gut sei, dass wir gekommen seien. Und dann saßen wir beide vor den Bildern, auf denen helle Einsprengsel in Wirbeln und Rippen zu sehen waren, und zwei Wirbel, die dadurch eingedellt waren. Von dort kamen die starken Schmerzen.
Er zählte mehrere mögliche Ursachen auf, und als erstes sprach er von dem «Multiplen Myelom», von dem wir zu dem Zeitpunkt natürlich keine Ahnung hatten. Aber es wurde uns schockartig klar, dass ich von etwas viel Schlimmerem als Hexenschuss betroffen war.
Was mir nachhaltig in Erinnerung geblieben ist (am frühen Abend war es still geworden in der großen Praxis): Wir saßen vor diesen Bildern, die Tränen liefen uns über die Wangen, und wir beteten mit dem befreundeten Arzt zusammen und baten Gott um Hilfe!
Dann ging es sehr schnell. Am nächsten Tag, Donnerstagnachmittag, kam ich stationär in das Kantonsspital Winterthur, wo bis Freitagabend die Diagnose «Multiples Myelom» bestätigt war. Am Samstag begann bereits die erste Chemotherapie.
Mit meinem Blog habe ich euch über die darauffolgende Zeit mit allen Behandlungen, Schmerzen, Erfahrungen, mit Höhen und Tiefen, berichtet. Dabei ging und geht es mir nicht um mich und meine Krankheit, sondern darum zu bezeugen, dass unser Herr Jesus Christus, an den wir glauben, uns durch solch eine schwere Krise hindurch trägt und echte Hoffnung gibt. Und ich hoffe, etwas dazu beizutragen, dass zwischen Gesunden und Schwerkranken wie mir ein besseres Verständnis wächst. Vielen Dank an alle, die mir in diesem Sinn positive Rückmeldungen zu meiner Schreiberei gegeben haben 😊!
Ich DANKE EUCH ALLEN, die ihr uns in diesem vergangenen Jahr mit Gebeten, Ermutigungen, Anrufen oder Besuchen begleitet und unterstützt habt. Und danke, dass ihr weiter an uns denkt. Wir sind täglich auf Gottes Gnade angewiesen, die uns durchträgt.
Herzliche Grüße
Andreas